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Bayern, Württemberg, Hessen, Hansestädte

Baden besaß bis 1842 (Zollvereinsübereinkunft) keine eigene Patentgesetzgebung. Gesuche wurden von Fall zu Fall entschieden, wobei Neuheit, Nützlichkeit und Erheblichkeit als Vorprüfungsprinzipien eine Rolle spielten.(1)

Bayern
1819 erscheint im Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins eine Abhandlung, der wir entnehmen: "Bei dem Mangel eines Erfindungsschutzes werden die im Volke liegenden Kräfte nicht nur nicht gehörig geweckt, sondern auch manche Erfindungen, die gemacht werden, wandern ins Ausland". Der königlich bayerische Regierungs-Rat Dr. Wirschinger fordert 1820 in allen deutschen Bundesstaaten gleichzeitig ein einheitliches System zur Erteilung von Erfindungspatenten einzuführen.
(1a)

Im Gewerbegesetz vom 11. September 1825 ist ein Abschnitt den Gewerbs- und Erfindungsprivilegien gewidmet. An seine Stelle tritt 1842 eine Verordnung von König Ludwig I., die Neuheit, Eigentümlichkeit und Gemeinnützigkeit als Vorraussetzung für die Patenterteilung fordert. Damme nennt dieses Gesetz die bedeutendste Entwicklung des Patentwesens innerhalb des Deutschen Reichs.(2)
Wie im französischen Patentgesetz ist eine Vorprüfung nicht vorgeschrieben, im Streitfall hatten die Gerichte zu entscheiden.
Die Patentdauer betrug 15 Jahre. An Gebühren waren bis zum fünften Jahr jährlich 5 Gulden zu bezahlen, 10 Gulden jährlich bis zum zehnten Jahr, und 20, 30, 40, 50, 60 Gulden für die letzten fünf Jahre. Die königliche Verordnung Maximilians II. vom 28. April 1862, die weitesten Ansprüchen gerecht wurde, ist der Abschluß der bayerischen Patentgesetzgebung.
Im von Frankreich annektierten Rheinland wurde das französiche Patentgesetz von 1791 am 03.03.1799 eingeführt. Das bayerische Gewerbegesetz von 1825 ließ diese Vorschriften im linksrheinischen Rheinbayern-der heutigen Pfalz- zunächst unberührt.
(3) Das französische Gesetz für die Pfalz und Rheinbayern nebst Übersetzung ist abgedruckt bei (1b)

Elsass-Lothringen, 1871 bis 1918 ein Teil des Deutschen Reiches, Gesetz vom 13. November 1872 über die Erfindungspatente und die Fabrik- und Handelszeichen. (Siehe auch Patentblatt, 1881, Seite 14)

Das Königreich Hannover regelte das Patenterteilungsverfahren in den § 269-287 der Gewerbeordnung vom 01.08.1847. Hannover trat erst 1853 dem Zollverein bei und übernahm damit auch die bereits 1842 beschlossene Zollvereinsübereinkunft.
Die beiden folgenden Autoren nennen zwar die §§ 269-291: Loosey, Collection of the Laws of Patent Privileges of all the countries of Europe.., 1849 und Stolle, Die einheimische und ausländische Patentgesetzgebung zum Schutze gewerblicher Erfindungen, Leipzig, 1855. Allerdings handelt es sich bei den §§ 288-291 lediglich um Schluss-Bestimmungen der Gewerbeordnung, die mit Patentrecht nichts zu tun haben.
Zu Hannover siehe auch den Artikel von Matthias Gehm, Die patentrechtlichen Bestimmungen in der hannoverschen Gewerbeordnung vom 1. August 1847, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2004, Heft 4, Seite 157-171.

Das Großherzogtum Hessen nahm in der Verfassungsurkunde von 1820 die Vorschrift auf, dass die Regierung Patente für Erfindungen auf bestimmte Zeit erteilen könne.
Dasselbe bestimmt die Verfassung des Kurfürstentums Hessen von 1831, begrenzte aber die Schutzdauer auf zehn Jahre. Der kurhessische Gesandte erklärte auf der Dresdener Generalkonferenz des Zollvereins 1838, daß "man in Kurhessen im Allgemeinen von dem Grundsatz ausgehe, die Ertheilung von Patenten soviel als möglich zu beschränken".
(1)
Hannover und Hessen lehnten sich an das preußische Vorprüfungssystem an.

Sachsen, Bekanntmachung des Ministerium des Innern vom 31.07.1843 "die in den Zollvereinsstaaten zu beobachtenden Grundsätze bei Ertheilung von Erfindungs-Patenten und Privilegien betreffend". (abgedruckt bei (1b) ) Gesetzgebung von 1853. Erfindungsprivilegien wurden hier aber schon seit dem 16.Jahrh. erteilt. (Siehe auch den Artikel von Matthias Gehm, Das Sächsische Patentwesen im 19. Jahrhundert - Eine Betrachtung anlässlich des 150. Jahrestages des In-Kraft-Tretens des Sächsischen Patentgesetzes, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2003, Heft 10, Seite 450-465;
Sehr ausführlich werden die Patente von 1825 bis 1877 dargestellt in dem Aufsatz von Dr. E. Hartig, "Zur Statistik der Erfindungsprivilegien im Königreiche Sachsen", Der Civilingenieur, Leipzig, 1878, Spalten (nicht Seiten) 51 -66, 365 - 396, 563 -576)

In Württemberg sieht der Verfassungsentwurf von 1817 die Gewährung von Erfinderprivilegien vor.
In der der Verfassungsurkunde vom 25. September 1819 heißt es:
"Dem Ermessen der Regierung bleibt überlassen, nützliche Erfindungen durch Patente zu deren ausschließlicher Benützung bis auf die Dauer von zehn Jahren zu belohnen.".
(4)
Ein Patentgesetz wurde in die Gewerbeordnung von 1828 aufgenommen. (nur Silberstein
(5) nennt das Jahr 1826)
Krasser(6) schreibt, die Bestimmungen in den Gewerbeordnungen von 1828 und 1836 verlangten keine Vorprüfung. Zumindest das von Kurz(4) beschriebene Patent von 1868 wurde geprüft. Eine Patentkommision nahm eine Prüfung vor, an der mindestens zwei Techniker und einige Administrativbeamte teilnehmen mussten.
Siehe auch die Patente im Landesarchiv Baden-Württemberg

Bremen, Hamburg und Lübeck gewährten wie Mecklenburg überhaupt keinen Patentschutz. Zu Bremen und Hamburg siehe auch die Argumente der Antipatentbewegung.
(Im Rath- und Bürger-Convent Hamburgs vom 13. August 1641 teilt der Rath seine Absicht mit, ein Privilegium für eine Einrichtung zu genehmigen, durch welche Färbern und Brauern eine Feuereinsparung emöglicht würde. Quelle: Heizung Lüftung Klima Haustechnik, 1993, Nr.3, Seite 214, 215-der Autor Prof. K.W. Usemann ist allerdings der Ansicht, dass es sich hier um ein Handels-, und nicht um Erfindungsprivileg handelt.)

siehe auch Die deutschen Landespatente

Weiter mit Das Patentgesetz von 1877

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Quellenangaben
Links und E-Mail


(1) Alfred Heggen, Erfindungsschutz und Industrialisierung in Preußen 1793-1877, Seite 43, 44
(1a) Die Entwicklung des Erfindungsschutzes und seiner Gesetzgebung in Deutschland, Dr. Alfred Müller, München 1898, Seite 11

(1b) Carl F. Loosey, Sammlung der Gesetze für Erfindungs-Privilegien der sämmtlichen Staaten Europas, der vereinigten Staaten von Nord-Amerika und Holländisch West-Indien, 1849, Pfalz und Rheinbaiern Seite 83 - 92; Sachsen ab Seite 381ff

(2) Dr. F. Damme, Das Deutsche Patentrecht, -ein Handbuch für Praxis und Studium, Berlin 1906,
Seite 43

(3) Benkard, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, (Bruchhausen, Rogge, Schäfers, Ullman), 9. Aufl., C.H. Beck, 1993, Einleitung, Geschichtliche Entwicklung

(4) Peter Kurz, Ein Königlich Württembergisches Landespatent aus dem 19. Jahrhundert, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2000, Heft 4/5 Seite 134-138, (Dem Heft liegt eine farbige Reproduktion eines Patents bei)
Münzenmayer, Das Patentwesen im Königreich Württemberg 1818-1877, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte,1990, Heft 7/8, Seite 137-143

(5) Marcel Silberstein, Erfindungsschutz und merkantilistische Gewerbeprivilegien, Dissertation, Basel, 1951, Seite 269, 270

(6) Krasser, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl., Beck, 1986, Seite 50,51

Bluhm, Die Entstehung des ersten gesamtdeutschen Patentgesetzes, GRUR, 1952, Nr. 8/9, Seite 341-346

Matthias Gehm, Das Sächsische Patentwesen im 19. Jahrhundert - Eine Betrachtung anlässlich des 150. Jahrestages des In-Kraft-Tretens des Sächsischen Patentgesetzes, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2003, Heft 10, Seite 450-465

Matthias Gehm, Die patentrechtlichen Bestimmungen in der hannoverschen Gewerbeordnung vom 1. August 1847, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2004, Heft 4, Seite 157-171)

Text geändert: 09.10.2012